Im Rahmen einer Podiumsdiskussion, die von dem Journalisten Ken Smith moderiert wurde und den Komponisten Huang Ruo vorstellte, diskutierten Bühnenregisseur James Robinson, Kostümbildner James Schuette, Choreograph Sean Curran und die Dirigentin Carolyn Kuan die der Produktion innewohnenden Herausforderungen; kreative Lösungen zu diesen wurden von den unterschiedlichen Perspektiven all der beteiligten Künstler beleuchtet.
“Die Oper entwirft ein Bild von der historischen Figur Dr. Sun Yat-Sen, dem Gründungsvater des modernen China …” erklärt Ken Smith.
Der Inhalt der Oper basiert größtenteils auf wirklichem historischem Material, wie Sun Yat-Sens politische Reden, Briefen und Fotografien. Dennoch dient seine Stellung als politischer Revolutionär nur als farbenfrohe Kulisse für das seinen Ausgang nehmende persönliche Drama, das in drei Akten, die jeweils unterschiedliche Schauplätze darstellen, auf die Bühne gebracht wird: “Es handelt sich um eine recht persönliche Lebensgeschichte, die ich zeigen wollte und die recht unbekannt ist,“ sagt Ruo, “seine leidenschaftlich und revolutionäre Persönlichkeit.”
Und es ist die sehr ergreifende, künstlerische Ausdruckskraft in solch feinfühligen Arien wie Lu Muzhens (Sun Yat-Sens verlassene erste Frau) Klagelied, die die Erkenntnis einer menschlichen Binsenweisheit, persönlichen Glauben, Trauer und Erfüllung darstellen, die Sun Yat-Sens persönliche Geschichte charakterisieren. “Diese abgebundenen Füße können nicht mit der Zeit mithalten,” singt Lu Muzhen und bringt damit die grundlegende Wahrheit des Einflusses historischen Wandels mit ihrer eigenen Geschichte einer persönlichen Transformation in einen direkten Zusammenhang, die mit Sensibilität durch die Helden und die Opfer der Saga verallgemeinert werden.
Die Produktion der Oper eröffnet einige interssante Gesichtspunkte: Nachdem diese von der ‘Opera Hong Kong’ im Jahre 2011 in Auftrag gegeben worden war, hatte sie das ‘Hong Kong Culture Centre Theatre’ mit dem ‘Hong Kong Chinese Orchestra’ im Oktober 2011 uraufgeführt und schuf damit die allererste Oper im westlichen Stil, die von einem vollständigem Orchester mit chinesischen traditionellen Instrumenten begleitet wird. Es gibt zwei Versionen der Partitur, die geistreich von Ruo unterschieden werden: “Dies sind nicht zwei grundverschiedene Partituren, es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Instrumentalversionen des Gleichen. Eine für ausschließlich chinesische Instrumentierung, die andere ist zusätzlich zu den traditionellen chinesischen Instrumenten an eine Westliche angepasst. Ich würde dies als eine spiegelbildliche Transkription beschreiben: Man hält den Spiegel hoch und das eigene Bild im Spiegelbild erkennen.”
Zusätzlich wurde der Text der Partitur verändert und Teile der gesprochenen Zeilen wurden zugunsten einer erfolgreichen Darstellung von Ruos Dimensionalität, der von ihm angewandten Kompositionsmethode, gestrichen. Die Produktion hatte mit Sicherheit auch die Geduld eines westlichen Publikums im Auge, das die kantonesischen Dialekte nicht beherrschte. Ruo beschreibt diese Art Musik zu kreieren und wahrzunehmen als eine Weise, vielschichtige musikalische und textliche Bedeutungsebenen zuzulassen: “Ich habe nicht absichtlich versucht, eine stilistische Fusion zu schaffen. Ich habe mir einfach das Libretto angeschaut und nachgedacht, wie es klingen sollte und wie jede Zeile zu interpretieren sei. Zurückschauend kann ich feststellen, dass ich es weder als Darstellung einen strikt westlichen Opern- noch als einen chinesischen Volksmusikstil betrachte. Obwohl ich es für westliche Stimmvarianten schrieb, wird es durch das Singen chinesischer Wörter zu einer einzigartigen Kombination.“
Der erste Akt der westlichen Version der Oper hatte im Jahre 2011 bei der ‘New York City Opera’ seine Vorpremiere. Im Januar 2012 dirigierte Ruo ein von ihm gegründetes Ensemble mit dem Namen FIRE bei der Konzertversion von Ausschnitten im ‘Le Poisson Rouge’, gefolgt von einer Vorstellung bei der ‘Asia Society” im Mai 2012.
Um was für ein außergewöhnliches Unterfangen es sich bei Ruos Meisterstück sowohl in den USA als auch in China bei Santa Fes geplanter vollständiger Produktion von Dr. Sun Yat-Sen handelt, machte das Erhaschen eines kurzen Blickes in diesem Dezember klar. Das Konzert in Hongkong kennzeichnete die erste Aufführung einer zeitgenössischen Oper mit einem vollständigen Orchester bestehend aus traditionellen chinesischen Instrumenten. “Es motivierte mich diese Oper zu schreiben, um so etwas dem kleinen Repertoire an zeitgenössischer Oper, das in Chinesisch geschrieben ist, hinzuzufügen. Schließlich handelt sich bei Chinesisch um eine sehr rhythmische und musikalische Sprache. Obwohl China einen lange, reiche Geschichte traditioneller Opern hat, ist diese Tradition mit dem Schwinden eines Publikums und dem Mangel an einem neuen Repertoire in Gefahr geraten,” sagt Ruo, und drückt damit eine Besorgnis aus, die sicherlich international eine Entsprechung hat.
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