Alle guten Dinge sind drei, aber diesen Sommer zum vierten Mal - bei “dem begehrtesten Rückzugssort der klassischen Welt,” wie Alex Ross es nennt, dem Marlboro Music Festival eingeladen zu werden, erfordert schon ein außergewöhnliches Talent.
Und Talent hat der junge, in Israel geborene Komponist/Pianist Matan Porat reichlich. Was für Porat vor drei Jahren bei Marlboro als ein vierhändiges Klavierkunststück mit dem Pianististen Alain Planes begann, setzte sich fort selbst als er damit beschäftigt war, sich mit Franck Krawczyk in den Piano Begleitungen für die innovative abgespeckte “Zauberflöte” Debüt Produktion am Lincoln Centers des berühmten britischen Direktors Peter Brook abzuwechseln.
Diese Produktion wurde zuerst im letzten Jahr am ‘Théâtre des Bouffes du Nord’ in Paris vorgestellt, das der der Avant-garde zugeneigten britische Regisseur Brook 1974 teilweise wegen dessen Bauschutt Anziehungskraft übernommen hatte. Planes selbst stieg in der letzten Minute aus der minimierten Pariser Produktion aus, was Porat, der eine Schwäche für ungewöhnliche Projekte hat, gerade recht passte.
Ich traf Porat das erstemal diesen Sommer, als er eine Piano Begleitung zu Buster Keatons Stummfilm “Der General” improvisierte, die bei der ‘Downtown Parkside Lounge’ arrangiert wurde. Diese Idee war in Wirklichkeit von Richard Goode inspiriert worden, als, während eines der Marlboro Sommer, Porat mit brillianten Improvisationen am Piano während der Vorführung des Films “Metropolis” unterhielt.
Porats Karriere als Pianist begann auf ungewöhnliche Weise, da er erst mit formalem Klavierunterricht begann, als er an der Universität Tel- Aviv eingeschrieben war. Hier begann er Komposition zu studieren. Mit seinem ersten Lehrer Emanuel Krasovsky konzentrierte er sich so sehr spaet auf das Klavier und beschreibt ihn als jemanden, der großen Einfluss auf ihn hatte. Er begann auch im Jahre 2002 an Workshops für Daniel Barenboims berühmtes ‘West-Östliches Divan Orchester’ in Spanien teilzunehmen, als er in Kammermusikgruppen spielte. Nach einem Bachelor–Abschluss traf er bei einer Meisterklasse in Paris die portugiesische Star- Pianistin Maria João Pires, die Porat einlud, als persönlicher Schüler ihr zu ihrem Bauerhof in Belgais in Portugal zu folgen. Dies war, meint er, eine intensive Zeit künstlerischen Ausstausches, als er für mehrstündigen Unterricht spielte, Auftrittskünstlern der Weltklasse, die für ihn spielten, zuhörte und bei vierhändigen Spielsessions interagierte. Die Erfahrung war eine ganz besonderer Natur.
“Es gab auch einen Kinderchor für den ich komponierte. Es war eine einzigartige Ansammlung von Persönlichkeiten und wirklich eine Erfahrung,” erinnert sich Porat und fährt fort zu erklären, wie er nach diesem Jahr für eine ganz andere Erfahrung bereit war, sprich für sein zweijähriges Studium für einen Magisterabschluss bei Julliard unter Joseph Kalichstein. Seine Sommer in New York verbrachte er bei Marlboro, woran er sich gern erinnert, wie auch bei anderen bekannten Festivals wie Verbier und Ravinia. Mit Referenzen ausgestattet, hatte er die Gelegenheit, für Murray Periaha in New York aufzutreten – es handelte sich um Schumans Davidsbündler Tänze, die Perahia, der zu der Zeit sehr an den Auswirkungen einer Handverletzung litt, überzeugten, den talentierten Porat im Jahre 2006 einzuladen bei ihm in London , sein Studium fortzusetzen. Zur selben Zeit setzte Porat sein Kompositionsstudium dort mit George Benjamin fort.
Seine größte Anstrengung scheint die Frage zu sein, wie am besten seine Zeit zwischen beiden seiner Leidenschaften aufzuteilen sei: Komponieren und Auftreten. Er spielt viel Solo Piano wie auch Kammermusik und nimmt, wie er meint, wenigstens eine Handvoll von Auftragsarbeiten an, ohne zu sehr darum bemüht zu sein. Aber eine Sache ist klar: sowohl das Auftreten als auch das Komponieren sind für Porat unabdingbar. “Normalerweise mag ich nicht meine eigenen Werke darbieten,” meint Porat, der in einer kreativen Weise über die Probeerfahrungen nachdenkt – abseits von einem traditionalistischen Konzertrahmen. “Das Konzert sollte eine Erfahrung sein, auf der der Auftretende sein Publikum mit auf eine wirkliche Reise nehmen kann. Es gibt keine Notwendigkeit, den Auftritt durch die Erwartungen des Programms einzuzwängen. Ich schätze die Freude und Spontanität, die möglich wird, wenn das Publikum dem Auftrittskünstler vertraut und - ähnlich einer Situation während eines Rockkonzertes - folgt. “Das Programm sollte sich durch das Moment des Auftrittes aufbauen, nicht durch einen Programmplan. Zum Beispiel: Während meiner nächsten Saison in Montreal werde ich mit einer Scarlatti Sonata beginnen und Variationen von dieser schaffen, indem ich ähnliche Stücke von anderen Komponisten von Couperin bis Boulez spielen werde, was ein Spektrum an Möglichkeiten schafft. Dies geschieht, indem man Scarlatti und jedes der fortschreitenden Stücke auf Motive oder Kennzeichen bezieht, anstatt zu versuchen, eine stilistische Einheit zu erzeugen. “ Jede paar Monate gefällt es Porat, seine Familie und Freunde in Israel zu besuchen und oft verbindet er seinen Aufenthalt mit Gelegenheiten zur Komposition oder zu einem Auftritt. Im Jahre 2007 schuf er ein Operettenprojekt für die Universität Tel-Aviv, das auf “Animal Farm” basierte und [nun] denkt über eine andere Opernproduktion nach, die er im Kopf hat, aber momentan nicht näher ausfführen möchte. Im achten Jahr wird er am ‘Jerusalem International Chamber Music Festival’ unter der Leitung von Elena Bashkirova, der zweiten Frau von Barenboim, teilnehmen. Porat hatte viele Gelegenheiten mit Barenboim zu arbeiten und beschreibt ihn als einen der inspirierendsten musikalischen Persönlichkeiten in seinem recht weiten Spektrum von Einflüssen. Bashkirova, eine bekannte, international auftretende Pianistin, hat soeben zwei Stücke von Porat “Night Horses” und “New Requiem” für ihr jüngst gegründetes Berlin Metropolis Ensemble in Auftrag gegeben.
Matan (skizziert von Roman Rabinowich, Freund und Pianist) Berlin ist zu einer idealen Umgebung für Porat geworden, der, die kreative Vitalität dieser Metropole genießt. Er vergleicht Berlin mit der aufregenden, lebendigen und künstlerischen Atmosphäre von Paris während der Zwanziger Jahre oder London in den Sechziger Jahren und dennoch hat Berlin seine anheimelnden nicht überheblichen Eigenheiten - wie im Falle von New York oder London - bewahrt. Es ist ein Bonus, dass die Stadt viele Künstler mit wie auch ohne Talent anzieht und dennoch noch bezahlbar ist.
Matan (skizziert von Roman Rabinowich, Freund und Pianist)
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